Neuer Alltag

Wir sind wieder zurück in unserem bewegten Leben - wir pendeln zwischen Versailles und Rheinbach. Das fühlt sich noch sehr ungewohnt für mich an. Die alte Routine im Umgang mit der fünfstündigen Reisezeit ist noch nicht zurückgekehrt. Wir haben jedoch die alte Gewohnheit aufgegriffen und hörten, wie sonst auf Reisen auch, ein Hörbuch. So vergeht die Autofahrt angenehm. Normalerweise interessieren sich mein Mann und ich für sehr unterschiedliche Bücher. Um so mehr genieße ich das gemeinsame Hören einer Geschichte.  Wir entschieden uns für die „Wiedersehen im Café am Rande der Welt“. Uns hatte bei der letzen Fahrt der erste Teil dieser Erzählung  "Das Café am Rande der Welt" schon sehr angesprochen - eine Geschichte, der man gerne folgt und die zum Nachdenken einlädt. In Rheinbach angekommen, verbrachten wir den Abend bei meinen Eltern auf der Terrasse.  Es war im Vergleich zu Versailles recht kühl. Ein bisschen fühlte es sich wie Spätsommer an. Das stimmte mich etwas wehmütig, denn ich liebe laue Sommerabende mit dem Zirpen von Grillen, im Kerzenschein ein Buch lesen oder gute Gespräche zu führen. Ich will nicht über das Wetter klagen, denn hierfür gibt es ganz sicher keinen Grund. Hatten wir doch drei ganze Monate ununterbrochen Sonnenschein in einer außergewöhnlichen Zeit, dem Lockdown. Vielleicht ist es bei mir eher die Sehnsucht nach dem Unbeschwerten. Mir ist bewusst, dass sich unser Leben verändern wird. Noch immer ist das Tragen der Maske eine Herausforderung für mich und doch scheint es, dass so unsere Zukunft so aussehen wird. Masken werden zu unserem Alltag gehören. Doch ist das Tragen von Masken das Einzige, was wir Menschen aus der Pandemie ableiten? Man hört immer wieder, dass man schnell zum alten Wirtschaftswachstum zurückkehren möchte, dass dies jedoch dauern wird. Warum könnte man sich nicht darauf konzentrieren, den erreichten hohen Lebensstandard zu erhalten? 

 

Minimalismus

Die „Geiz ist geil“ Denkweise kann nicht gesund sein. Ich habe mich über eine Reportage gefreut, die zeigte, dass immer mehr Unternehmen umdenken. Eine Jeans im Einkauf kostet ca. 7 Euro. Nun gibt es Händler, die freiwillig  2 Euro mehr bezahlen, die dann den Produzenten vor Ort zu Gute kommen. Betriebswirtschaftlich betrachtet ist das ein Verlustgeschäft, zu mindestens auf den ersten Blick. Hier nun ein kleines Gedankenspiel. Ich benutze die Metapher eines Segelausflugs. Stelle dir einmal vor, du möchtest einen Segelausflug machen. Hierfür planst du ausreichend Proviant ein und Wasserreserven. Du achtest darauf, dass du das Segelboot nicht überlädst, ansonsten könnte es kentern. Wie wäre es, wenn immer mehr Menschen aus den reichen Industrieländern nach dem Vorbild eines Seglers leben würden - nur das an Lebensmitteln und anderen Konsumgütern erwerben, was man braucht im Sinne von gebrauchen und nutzen - statt 10 Jeans nur 3 zum Beispiel. Näherinnen in Bangladesch könnten dann ihren Job verlieren, wenn die Nachfrage sinkt. Doch was wäre, wenn alle Unternehmer ethisch handeln würden und angemessen für Waren bezahlen. Wie schön wäre es, wenn sich die Arbeitsbedingungen verbessern würden. Können wir es uns leisten, unsere Ressourcen, die nun einmal endlich sind, aufzubrauchen? Ein Segler, der mit zu viel Gepäck los segelt, muss beim ersten Sturm sein wertvolles Gepäck über Bord werfen, um das Boot auf Kurs zu halten. Natürlich genieße auch ich etwas Luxus. Ich trage gern modische Kleidung in der ich mich wohl fühle. Doch ich lasse mich nicht mehr so leicht von Sonderangeboten verführen, die zum Überquellen des  Kleiderschrankes führen. So leicht verliert man den Überblick und hat zusätzlich ein Unterbringungsproblem. Ich habe das auch erst gelernt: nur das zu kaufen, was ich wirklich brauche. Dieses bewusste Entscheiden, hat mehrere Vorteile. Vielleicht kennst du die Methode der berühmten jungen Frau Marie Kondo, der Entrümpelungsspezialistin. Ich habe ihr Buch „Magic Cleaning“ gelesen, weil es mir in der Vergangenheit schwer gefallen ist, mich von Dingen zu trennen. Vom Typ her bin ich eine Sammlerin. Jetzt könnte ich die tolle Erklärung liefern: Ich bin doch im Osten aufgewachsen, und da hat man eben gesammelt. Es gab nicht immer alles und manches nur mit Beziehung. Das hat mich geprägt, und doch habe ich die Wahl, ob ich das weiter so machen möchte. Besonders schönes Geschenkpapier und Accessoires bewahre ich noch immer auf. Doch ich falle nicht mehr auf die Supersonderangebote rein. Hierfür brauche ich jedoch noch immer meine volle Aufmerksamkeit. Das habe ich am Freitag bemerkt, als ich zum Markt ging. Überall stand in den Schaufenstern: -50 %. Ich ging in die eine und andere Boutique und lies mich inspirieren. Dabei blieb es nicht ganz. Mir hatte es ein Sommerkleid angetan: schlicht und bequem. Ich ging in mich und scannte in Gedanken meinen Kleiderschrank. Für heiße Tage war ich nicht ausreichend eingedeckt, und so entschied ich mich bewusst für den Kauf. Es blieb bei diesem einem Kleid. Auch wenn die Verlockung groß war, ein Weiteres zu kaufen - ich blieb standhaft. Im Apartment angekommen folgte ich dem Rat von Marie Kondo; wenn man ein neues Kleidungsstück erwirbt, sich von etwas Altem zu trennen. Nun stand ich da vor meinem übersichtlichen Kleiderschrank, holte tief Luft und schritt voran. Es fiel mir nicht leicht, etwas auszuwählen. Gedanken wie, das könnte ich doch dann und wann anziehen, schossen durch meinen Kopf. Doch ich lies diesen Gedanken keinen Raum und entschied mich für einen Rock, den ich im letzten Jahr kaum getragen hatte. Nun folgte Schritt 2 der Kondo - Methode. Ich bedankte mich bei dem Rock. Das klingt etwas skurril, sich bei einem Kleidungsstück zu bedanken, funktioniert aber, denn in diesem Moment wertschätze ich dieses und verabschiede mich im Anschluss, und dann wandert es in die Kleidersammlung. Minimalismus ist das neue Zauberwort. In diesem Sinne wünsche ich dir eine sonnige Woche. Ich melde mich in zwei Wochen , also am 3. August , wieder. 

 

Herzliche Grüße, Susann

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