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Die VIA Charakterstärken - moderner Mumpitz oder wissenschaftlich fundiert?

Wenn du mich schon etwas länger kennst, weißt du, dass ich schon lange davon träume, dass sich Schule verändert. Diese sollte ein Ort der Freude am Lernen und ein Raum für Entwicklung bieten - ein Ort auf den sich Kinder und Jugendliche freuen. Dass unser Schulsystem veraltet ist, ist nichts Neues. Das wissen wir alle. Alle haben wir auch darin Erfahrung, dass Veränderungen Zeit brauchen. Geduld ist jedoch nicht meine Stärke und so schaue ich neben meinem Beruf als Coach auch immer, wo ich kleine Impulse setzen oder auch Projekte aktiv unterstützen kann. "Stark durch Stärken" verrät im Ansatz, was sich dahinter verbirgt. Den Blick auf die Stärken, die Eigenen, der Familie, eines Teams oder eines Landes zu benennen, fällt oftmals nicht leicht. Wir wissen sehr genau, was wir nicht oder noch nicht so gut können. Schon Kinder ziehen die Schultern hoch oder schütteln den Kopf. „Ich weiß nicht… Ich hab’keine Stärken.“. Das ist traurig, denn diese Kinder haben innerlich schon fest verankert: „Ich kann nichts.“ Wie könnten wir Kindern frühzeitig eine Sprache vermitteln, die wertschätzend und ressourcenorientiert kommuniziert? Die Positive Psychologie spricht vom Ansatz des Growth Mindset und ist die Wissenschaft des gelingenden Lebens und Arbeitens. geht der Frage nach, was Menschen brauchen, um sich wohl zu fühlen und ihr volles Potenzial mit Freude zu leben. Growth Mindset meint, wachstumsorientiert zu denken und zu handeln. Ich beispielsweise kann NOCH nicht gut klettern. Hierfür brauche ich mehr Übung. Das bedeutet nicht, dass ich mich als schlechte Kletterin sehe. Dieser innerer Dialog löst keine negativen Gefühle aus, sondern lässt mich entscheiden, ob ich mich als Kletterin verbessern möchte oder nicht. Welche Charakterstärken sehe ich in mir, wenn ich mich etwas traue, was ich zuvor nicht für möglich gehalten hätte, wie in meinem Fall an einer Wand hochzuklettern? Neugier und Mut in jedem Fall. Das sind zwei von 24 Charakterstärken. Auf der Übersicht von Heike Schwarzgruber erhälst du eine tolle Übersicht der gesamten Charakterstärken ( hier im Workshop auf einem Plakat sichtbar gemacht):

Im Folgenden möchte ich dir einen kurzen Einblick zu einem Stärkenworkshop geben, der erstmalig in einer Perspektivklasse durchgeführt wurde.

Ist das Stärkenkonzept auch in einer Perspektivklasse anwendbar?

Seit nunmehr 4 Jahren kenne ich den Deutschsprachigen Dachverband der Positiven Psychologie e.V.. Seit 2 Jahren leite ich mit zwei Kolleginnen die Fachgruppe Bildung und Erziehung. Jeden 1. Mittwoch im Monat treffen wir uns online, besprechen gemeinsame Projekte, stellen uns neue Projekte vor oder hören Fachvorträge. Uns alle verbindet die besondere Liebe zu Kindern, Jugendlichen und jungen Menschen. So lernte ich auch meine geschätzte Kollegin Heike Schwarzgruber aus Bayern kennen. Heike Schwarzgruber ist für mich die „Stärken Expertin“ in der praktischen Umsetzung an Schulen. Ihre Arbeit basiert auf dem Modell der 24 VIA Charakterstärken (Values in Action).  Dieses wurde von Martin Seligman, Begründer der Positiven Psychologie, und seinem Kollegen, Christopher Peterson, entwickelt. Das Modell (siehe Übersicht oben) ist wissenschaftlich fundiert, kultur- und religionsübergreifend anwendbar. Jeder Mensch trägt die Charakterstärken in unterschiedlicher Ausprägung in sich. Wenn du möchtest, kannst du tiefer in deine Stärkenkiste schauen und einen Test machen, der kostenfrei von der Universität Zürich angeboten wird: VIA- Stärkentest.

Das ist der Schüssel der Stärkensprache. Auch Kinder, Jugendliche und Erwachsene, die das Gefühl haben, keine Stärken in sich zu tragen, erkennen mindestens ein bis zwei Stärken. 

Ist das Konzept Stark durch Stärken auch für Systemsprenger geeignet?

Heike  Schwarzgruber hat das Konzept Stark durch Stärken mit viel Liebe zum Detail entwickelt und 

4000 Schülerinnnen und Schüler in der Stärkensprache, sowie 500 Lehrkräfte , Schulleitungen und Beratungspersonal in den letzten drei Jahren geschult. Sie wurde vom Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus im Rahmen des Förderprogrammes GEMEINSAM-BRÜCKEN-BAUEN auszeichnet. Darüber hinaus erhielt sie in diesem Jahr den SOCIAL IMPACT PREIS des Deutschsprachigen Dachverbandes der Positiven Psychologie e.V..

Ich bin sehr dankbar, dass auch ich dieses hervorragende Konzept nutzen darf. Im Sommer hatten wir uns die Frage gestellt, ob das Konzept auch in einer Perspektivklasse für Schüler, die emotional-soziale Schwierigkeiten haben und deswegen nicht mehr im Regelunterricht  beschulbar sind, anwendbar ist. Wir haben nicht lange überlegt und entschieden, dass wir uns auf dieses Experiment einlassen. Gemeinsam fuhren wir aus unterschiedlichen Richtungen nach Hamburg, um von dort weiter Kiel zu erreichen. Das Abenteuer Bahn ging auch an uns nicht vorbei. Ein E-Bus brannte auf der Strecke Hamburg - Kiel. Unsere Zugfahrt endete in einem Zug Wagon in Preetz. Hier wurden wiederholt Störungen angesagt. Wir standen wie die Ölsardinen und bekamen kaum Luft. Es waren zum Glück keine 30 Grad und doch wurde die Luft eng. Kurz entschlossen stiegen wir aus, was sich wie eine Befreiung anfühlte und fuhren mit einem netten jungen Mann per Taxi nach Kiel. Am nächsten Morgen wurden wir skeptisch mit einem leisen „Moin, Sie sind aber keine Psychologinnen?“ von einem der sechs Jungs der Perspektivklasse begrüßt. Diese Frage konnten wir ehrlich verneinen und das erste Eis war gebrochen. Würden die Kinder, fast schon Jugendliche, es schaffen, sitzen zu bleiben und keine blöden Bemerkungen zu machen? Sie waren irritiert, dass wir nicht über Schwächen sprachen. Doch das Interesse war geweckt. Alle Kinder haben Stärken gefunden und erkannt, wann sie diese nutzen. Denn das ist entscheidend: zu erkennen, wann wir die Stärken einsetzen, sonst wäre die Stärke „nur“ ein Kompliment. Ein magischer Moment war u.a., als die Schüler sich gegenseitig wertschätzendes Feedback gaben wie z. Bsp.: „Marco, ich sehe an dir die Stärke „Vergebung“. Du bist nicht nachtragend, auch wenn wir dich am Anfang schlecht behandelt haben.“ Hierbei wird das Herz warm und die Energie im Raum positiv tragend. Was für eine wertvolle Arbeit es ist, die Stärkensprache weiterzutragen, wurde mit diesen Kindern besonders deutlich. Das Konzept von Heike Schwarzgruber lädt dazu ein, dass die Lehrkräfte, dieses weiter im Schulalltag nutzen. So erleben Kinder und Jugendliche nicht nur einen einmaligen Workshop, sondern haben die Chance die Stärkensprache im Alltag und bei Herausforderungen anzuwenden.

BUKO 2024-Bundeskonferenz für Schulpsychologie 2024

Unsere Reise ging im Anschluss weiter nach Hamburg, um das Konzept Stark durch Stärken bei der Bundeskonferenz für Schulpsychologie in einem Workshop vorzustellen. Dieser hatte als zentrales Thema: PSYCHISCH GESUND IN DIE ZUKUNFT. Ein Zuhörer brachte es am Ende des Workshops auf den Punkt: „Eigentlich ist das altes Wissen, doch nun ist es auch wissenschaftlich fundiert und endlich gesellschaftsfähig und alltagstauglich. Herzlichen Dank!“.

Noch immer klingen die norddeutschen Tage in mir. Es gibt mir Hoffnung, dass auch Minischritte Veränderungen anstoßen. So wünsche ich mir als Oma für meine Enkeltochter, die gestern ihren ersten Geburtstag gefeiert hat, dass sie gerne in den Kindergarten und dann in die Schule geht.

 

Stärkende Grüße sendet dir deine Susann

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